6.Dezember

Staten Island, 6.12.

Guten Morgen T.

ich hab es getan und bin zu deiner besten Freundin gefahren. Harry hatte sogar Zeit und hat gleich ihre Kaffeepause mit mir verbracht. Wir haben uns nett unterhalten, während ich einen köstlichen Donut verzehrt habe. Du hast die Donuts immer geliebt. Ich habe den schwarzen Kaffee genossen und du den Donut verzehrt. Dass Harry jetzt Donuts verkauft, würde dir gefallen. Du könntest jeden Tag deinen Donut bei ihr kaufen und sie treffen. Wäre das nichts?

Harry hat mir erzählt, wie es ihr ergangen ist. Ich hatte sie nicht mehr gesehen seit der Gedenkfeier. Sie klang für mich, als wenn sie glücklich ist. Das hat mich gefreut. Ich habe sie nicht gefragt, ob sie dich auch so vermisst wie ich. Niemand vermisst dich so wie ich es tue. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Nicht mal deine Mutter kann sich andeutungsweise vorstellen, wie sehr du mir fehlst. Ich habe gestern Abend mir alte Fotos von dir angesehen. Ich saß allein auf der Couch. Deine Mama kam, setze sich neben mich und klappte das Fotoalbum einfach zu. Es ist genug, sagte sie. Und, dass ich nach vorn schauen soll. Alles wird besser. Ich war Gott sei dank sehr entspannt, aber ich habe es geschehen lassen, habe das Album genommen und weggelegt. Sagen konnte ich nichts. Ich habe meine Jacke genommen und bin in den Park gegangen. Es hat nicht geholfen, denn ich musste wieder daran denken, wieviel Zeit wir hier verbracht haben.

Harry hat mir erzählt, dass eure Freundschaft am Ende gar nicht mehr so dick war, wie wir gedacht hatten. Ihr habt euch noch regelmäßig gesehen. Ja, ihr seid ja auch in die gleiche Schule gegangen. Klar! Aber  du bist deinen eigenen Weg gegangen und hast dich von ihr abgewendet. Verzeih, aber das waren Harrys Worte, nicht meine. Sie sagte, du bist immer öfter bei diesen verrückten Schreiberlingen gewesen. Zusammen habt ihr an dieser  Zeitschrift gearbeitet. Es klang verrückt, was sie erzählt hat. Ich war fasziniert und lauschte. Harry hat dich gemocht. Das steht fest.

Früher habt ihr gemeinsam rumgehangen. Meistens war das die Mall hier auf Staten Island. Da, wo man sich halt trifft. Wir hatten nie Angst um dich gehabt, wenn du unterwegs warst. Du warst meistens mit Harry oder einer anderen Freundin unterwegs. Und bist immer wieder nach Hause gekommen. Meistens sogar pünktlich, mein Schatz!

Ich ertappe mich häufig dabei, dass ich abends denke, dass da noch jemand fehlt. Deine Mama ist da und ich – trotzdem ist das Haus leer. Du kommst nicht mehr nach Hause. Ich wünsche es mir so sehr. Ich würde gern die Zeit zurückdrehen, um noch ein paar Tage mit dir verbringen zu können. Dass das nicht geht, werde ich nie begreifen. Wenn es einen Himmel gibt, hoffe ich, du sendest mir ein Zeichen wie „Papa, alles in Ordnung! Mir geht es gut.“.

Ich freue mich auf den nächsten Brief. Du bist die einzige, die wirklich weißt, wie es mir geht.

Ich liebe dich! Dein Pa